Über die Facetten der Kinderpornographie im Netz


Der Jahresbericht 2017 der Internet Watch Foundation (IWF), eine englische Organisation, die es sich zum Ziel gesetzt hat, den kriminellen Missbrauch von Sexualität mit dem besonderen Fokus auf Kindesmissbrauch, zu minimieren, weist aus, dass die Anzahl der weltweit aufgefundenen Sites mit sogenannten kinderpornografischen Inhalten im Vergleich zum Vorjahr um 35 % gestiegen ist. Die Zahlen haben sich seit 2014 mehr als verdoppelt (von rund 31.000 Sites im Jahr 2014 auf über 80.000 Sites im Jahr 2017). Nach Angaben der IWF zeigen rund ein Drittel der Websites Vergewaltigungen oder sexualisierte Folter von Kindern.(IWF 2018) Hier eine kurze Zusammenstellung über Ausprägungen und Formen.

Kinderpornographie im Netz


Seit den 1990er-Jahren hat sich die Medientechnologie rasant entwickelt. Besonders der Camcorder, eine Verbindung von Videokamera und Videorecorder, ermöglichte neue Formen der Beobachtung und Aufzeichnung. Diese neuen Möglichkeiten leisten aber auch kriminellem Missbrauch Vorschub und haben einen wesentlichen Beitrag zur Verbreitung der kinderpornographischen Inhalte geleistet. Mit Camcorder und Digitalkamera wurden „Heimproduktionen“ zunehmend attraktiver und ließen sich in ausgewählten Kreisen auch gut vermarkten. Sexualität im Internet hat mannigfache Ausprägungen. Man findet Texte, Bilder, Videos, Cartoons, Animationen und dergleichen. Mit der zunehmenden Ausbreitung der Privat-PCs und der wachsenden Vernetzung weitete sich der Markt auf eine internationale Ebene aus (Kuhnen 2007).

Methoden und Formen

Grundsätzlich unterscheidet man drei Arten von Kinderpornographie:
das freiwillige Posen
das unfreiwillige Posen
Sonderform Cybergrooming

Unter dem freiwilligen Posen sind jene Fälle gemeint, bei denen sich Kinder und Jugendliche gegenseitig nackt fotografieren. Gerade Kinder und Jugendliche sind mit der Veröffentlichung von Bildern wesentlich freizügiger, da sie sich häufig auch keinerlei Gedanken darüber machen, welche Konsequenzen eine solche Veröffentlichung haben kann. Oft entstehen Fotos und Videos in einer intimen privaten Situation. Diese werden dann geteilt. Analysiert man die Fälle der österreichischen Kriminalstatistik dazu, so findet man eine Vielzahl von Anzeigen, die genau diesen Bereich betreffen. (Bundesministerium für Inneres 2017)

Beispiel: Zwei 13-jährige Teenager erfahren die erste Liebe und fotografieren sich gegenseitig nackt in eindeutiger Position. Die Beziehung geht zu Ende. Aus verletztem Stolz und aus Rache postet einer der beiden die Nacktbilder in Sozialen Netzwerken.

Darüber hinaus gibt es das unfreiwillige Posen, bei dem Kinder zu den Sexualhandlungen gezwungen werden. In diesen Fällen spricht man von einem klaren Kindesmissbrauch.Weltweit ist die Bereitschaft gestiegen, Material über missbrauchte Kinder „CAM“ (Child abuse material) zu sammeln. Dadurch hat sich auch ein milliardenschwerer Absatzmarkt entwickelt. Die Bilder werden auf verschiedenste Weise erzeugt, z.B. durch Scannen und Hochladen, versteckte Kameras, häuslicher sexueller Missbrauch, kommerzielle Bilder oder Bilder, die selbst von Kindern oder Jugendlichen angefertigt wurden.(Aiken, M., Moran, M., & Berry 2011) Die Produktion der Inhalte findet oft in Ländern der Dritten Welt statt, der Vertrieb hingegen in den Industrieländern. Häufig agieren die Täter in geschlossenen Tradergruppen, die ein hohes Sicherheitsniveau voraussetzen. Europol definiert dazu zwei typische Tathergänge: Erstens in Form von Peer-to-Peer (P2P)-Netzwerken und zweitens in Form von Live-Streaming. Im Fall von Peer-to-Peer erfolgt ein anonymisierter Zugriff z. B. über Darknet-Netzwerke (z.B. Tor). Diese Computerumgebungen bilden die wichtigsten Plattformen für den Zugang zu Material über Kindesmissbrauch und sind damit das wichtigste Medium für den nicht-kommerziellen Vertrieb. Diese Plattformen sind für Täter einfach zu bedienen und attraktiv, da sie ein großes Maß an Anonymität gewähren.

Beim Cyber-Grooming geben sich Erwachsene oft als Jugendliche oder Kinder aus. Sie täuschen eine falsche Identität vor, um sich das Vertrauen von jungen Menschen zu erschleichen. In vielen Fällen handelt es sich um ältere Erwachsene, die die Opfer dazu nötigen, ihnen sexuell eindeutige Fotos und Videos zu schicken. Cyber-Grooming stellt eine Sonderform dar, da Kinder und Jugendliche Bilder und Videos – zum Teil freiwillig oder unfreiwillig – teilen. Es werden drei Arten von Cyber-Grooming unterschieden.

1. Die Täter nähern sich den Kindern und Jugendliche oftmals über Soziale Netzwerke, wie Facebook oder Instagram. Dort kontaktieren sie die Opfer. Die ersten Gespräche sind zumeist unauffällig und beziehen sich auf Hobbys, Schule usw. Nach einiger Zeit lenken die Täter das Gespräch auf sexuelle Erfahrungen der Kinder und bitten das Kind nach und nach, sich selbst nackt zu fotografieren oder eine Webcam einzuschalten. Oft steht neben dieser Handlung die Absicht, das Opfer mit dem gewonnenen Bild- und Videomaterial zu erpressen.
2. In der zweiten Variante suchen Jugendliche oder Kinder aktiv den Kontakt zu Erwachsenen, um neue Menschen im Internet kennenzulernen. Dieser Versuch wird von den Erwachsenen (Täter) insofern ausgenutzt, als dass sie eine Aufforderung aussprechen, Nacktbilder untereinander auszutauschen.
3. Eine dritte Variante trifft vor allem Mädchen. Die Täter täuschen amouröse Interessen vor, um sich den Mädchen zu nähern. Dieses Prinzip nennt man „Loverboy-Prinzip“. Männer erschleichen durch vorgetäuschtes Interesse an einer Liebesbeziehung mit den Mädchen das Vertrauen und verlangen von ihnen Nacktbilder oder Videos.(“Cyber-Grooming” 2019)

Mit den neuen Telekommunikationstechnologien ist der Markt für Kindesmissbrauch verstärkt worden. Das Tatmittel Internet ermöglicht Verteilung, Produktion und Konsum von Kinderpornographie über illegale Kanäle des Darknets.

Literatur


  • Aiken, M., Moran, M., & Berry, M. J. 2011. “Child Abuse Material and the Internet: Cyberpsychology of Online Child Related Sex Offending.” In 29th Meeting of the INTERPOL Specialist Group on Crimes against Children, 22. Lyons. https://www.interpol.int/Crime-areas/Crimes-against-children/Internet-crimes.
  • Bundesministerium für Inneres. 2017. „Kriminalstatistik“
  • “Cyber-Grooming.” 2019. http://www.make-it-safe.net/index.php/de/risiken/risiken-cyber-grooming.
  • IWF. 2018. “Internet Watch Foundation: Annual Report 2017.” 2018.
  • Kuhnen, K. 2007. Kinderpornographie Und Internet – Medium Als Wegbereiter Für Das (Pädo-)Sexuelle Interesse Am Kind? Göttingen: Hofgrefe Verlag GmbH & Co. KG.


© Edith Huber

PS: Unsere aktuelle Publikation zum Thema Menschenhandel ist online.
Gahleitner, Silke; Gerlich, Katharina; Heiler, Roschan; Hinterwallner, Heidemarie; Huber, Edith; Körner, Mascha; Pfaffenlehner, Josef; and Völschow, Yvette (2019) "Reaching and Supporting Trafficked Women in Austria and Germany: A Call for Training on Attachment and Trust-Building," Dignity: A Journal on Sexual Exploitation and Violence: Vol. 4: Iss. 2, Article 4. DOI: 10.23860/dignity.2019.04.02.04

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