Ein Ausblick auf die EURO 2016 und ein Nachruf auf Andreas Wüster


Vor einigen Tagen musste ich leider vernehmen, dass einer meiner Forschungsmitarbeiter viel zu früh aus dem Leben geschieden ist. Andreas Wüster wurde leider nur 32 Jahre alt und hätte noch eine gute Forscherkarriere vor sich gehabt, wenn ihm das Schicksal gnädig gewesen wäre. Um ihm ein würdiges Andenken zu bereiten, möchte ich ihm diesen Artikel widmen, zu dem er auch einen großen Beitrag geleistet hat. Aktueller denn je, Sicherheit bei der EURO.



Im Jahr 2007 fing ich mit einem Forschungsprojekt an, dass den Titel "Sicherheit bei der EURO" trug. Untersuchungsgegenstand waren die sicherheitsrelevanten Faktoren bei der Fussball-Europameisterschaft 2008, die damals in Österreich und der Schweiz ausgetragen. Das von der österreichischen Sicherheitsforschung "KIRAS" finanzierte Projekt, ermöglichte mir einen Mitarbeiter zu beschäftigen. Nach zahlreichen Bewerbungen viel meine Wahl auf Andras Wüster.

Damals, wie heute stellten wir uns die Frage nach der Ursache des aggressiven Verhaltens und ob sich die Menschen auch "sicher" fühlten. Viele Fragen zur Gewaltentstehung insbesondere bei Großveranstaltungen sind noch ungelöst. Generell unterscheidet man nach Aggressionstypen, die sich in konstruktive und destruktive Aggression unterteilen. Alle diese Typen entwickeln sich im Kindesalter. Betrachten wir jedoch im Kontext der EURO 2016 das destruktive Verhalten genauer.
Destruktive Aggression entsteht durch Unlust- und Frustrationserlebnissen und eskaliert in Gefühle wie Wut, Feindseligkeit und Hass. Das Ergebnis dessen ist Gewalt; diese kann unterschiedliche Ausprägungen haben, wie z. B. physische (Schläge, Verbrennungen etc.), psychische (Demütigung, Abwertung etc.) oder verbale Gewalt (Verleumdungen, Beleidigungen etc.), Vernachlässigung, sexuelle Gewalt oder fremdenfeindliche Gewalt.

Möchte man eine Übersicht über alle Theorien in diesem Bereich verschaffen, so nimmt man sich viel vor. Die Apologeten finden ihre Ursprungsdisziplin in der Biologie, die aggressives Verhalten in der Natur des Menschen sieht. Sozialbiologen hingegen betrachten aggressives Verhalten als einen Teil der Evolution, das der Steigerung der Reproduktionsfähigkeit des Aggressors und der Arterhaltung dient. Wissenschaftler der Verhaltensgenetik hingegen sehen erblich bedingte Voraussetzungen als Ursache aggressiven Verhaltens.[1]

Zweifellos hat ausschreitendes Verhalten, egal, ob es nun fremdenfeindlich oder aus einer Gruppe heraus motiviert ist, eine multifaktorielle Genese. Menschen unterliegen Normen, Werten und Regeln. Kommt es zu einer kritischen Situation, wird das kriminelle bzw. gewalttätiges Verhalten realisiert. Kommt es zu einer Verschlechterung der individuellen und gesellschaftlichen Bedingungen entstehen weitere Risikofaktoren, die einen Ausbruch des aggressiven Verhaltens fördern, aber nicht ausschließlich erklären. Insbesondere bei Ausschreitungen spielen Faktoren der Gruppendynamik eine wesentliche Rolle.

Eine weitere Rolle spielen dabei auch die Medien, die in diesem Fall als positive oder negative Verstärker wirken. Bewiesen wurde auch, dass Polizeipräsenz und verstärkte Sicherheitsmaßnahmen positiv von den Besuchern aufgenommen wurden. Details zu den Ergebnissen der Studie finden Sie HIER.

Verhalten wird sozialisiert. Schon im familiären Umfeld entstehen Handlungsmuster, die später unser Leben beeinflussen. Gewalttätiges und aggressives Verhalten hat oft mit der Situation, in der sich die Menschen befinden zu tun. Armut, Arbeitslosigkeit und Verzweiflung sind Verstärker, die zu einer Eskalation führen. Nehmen wir diese Gedanken mit zur EURO 2016 oder wenn wir uns dem Thema Flüchtlinge annähern. Keine Sicherheitstechnologie oder Polizeipräsenz wird dies verhindern können. Es geht um Aufklärung und Prävention, um ein friedliches Miteinander zu erleben.

Dies wäre auch im Sinne von Andreas gewesen.

Andreas Du wirst fehlen!





© Edith Huber, Alle Rechte vorbehalten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen